MAXIMILIAN MUSEUM
15.06.-30.09.2018

Wasser Kunst Augsburg

Augsburg bewirbt sich 2018 um den Titel des UNESCO-Welterbes mit dem Thema „Das Augsburger Wasser-Management-System“. Begünstigt durch ihre Lage zwischen Lech und Wertach ist die Stadt reich an Wasser. Früh nutzte man die Wasserkraft über komplexe Kanalsysteme zum Antrieb verschiedenster Mühlen und für aufwendige Brunnenwerke. Die aus nahe gelegenen Quellgebieten gespeiste, im Laufe der Jahrhunderte perfektionierte Trinkwasserversorgung zählte zu den großen technischen Meisterleistungen der alten Reichsstadt, für die ganz Europa sie bewunderte. Ihre beispiellose Vielfalt und Produktivität auf dem Gebiet der Kunst und des Kunsthandwerks ist ohne Wasserkraft nicht denkbar. 

Das bedeutende Ereignis des Neuzugangs der Augustusbrunnen-Bronzen ist ein weiterer Anlass, in einer großen kulturgeschichtlichen Ausstellung die einzigartige Augsburger Wassergeschichte zu thematisieren. 

Symbol der Macht

Der eher zierliche Neptunbrunnen steht zu Unrecht im Schatten der von den „Starbildhauern“ Hubert Gerhard und Adriaen de Vries geschaffenen Prachtbrunnen, die mit ihrer Großartigkeit, Modernität und italianità alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen. In künstlerischer wie historischer Hinsicht ist auch der Neptunbrunnen ein Paukenschlag. 1537 lässt ihn der Augsburger Rat beim Rathaus auf dem Fischmarkt aufstellen. Im gleichen Jahr führt er die Reformation ein und enteignet die katholische Kirche. Innerhalb der Stadt ist seine Herrschaft erstmals ungeteilt.

Der antike Meergott ersetzt eine spätgotische Steinfigur des Augsburger Stadtheiligen Ulrich (um 890-973), ein Symbol der katholischen Kirche und bischöflicher Herrschaft. Der Neptun repräsentiert nun die Reichsstadt. Die Aufstellung des Meergotts, der frühesten lebensgroßen bronzenen Aktfigur der Nachantike, hat große Symbolkraft und istar eine klare Machtdemonstration des Augsburger Rats. 

 

Hans Daucher/Urban Labenwolf:
Neptun vom Röhrkasten auf dem Fischmarkt.
Bronzefigur Augsburg um 1537
Kunstsammlungen und Museen Augsburg, Foto: © Andreas Brücklmair

Prunkkästchen, Diana beim Baden von Aktaeon überrascht, Intarsienarbeit, Augsburg um 1570
Foto: © J. Bruchhaus

PRACHTBRUNNEN

In den Jahren um 1600 geschieht in Augsburg Beispielloses: Konsequent arbeitet die Reichsstadt an der Neugestaltung ihres Stadtbildes. Die drei Prachtbrunnen von Hubert Gerhard und Adriaen de Vries stehen am Anfang dieses einzigartigen Vorgangs, dessen Höhepunkt Elias Holls Neubau des Rathauses (1615-1624) darstellt.

Den Auftakt bildet der zu Ehren des Stadtgründers errichtete Augustusbrunnen beim Rathaus. Er wird zwischen 1588 und 1594 von dem Niederländer Hubert Gerhard (1550-1626) geschaffen, der in Florenz die Kunst des Hofbildhauers der Medici, Giambologna (1529-1620), kennengelernt hat. Zwischen 1596 und 1602 realisiert Adriaen de Vries, ein Giambologna-Schüler, den Merkur- und den Herkulesbrunnen. Sie zählen zu den größten Werken, die der Künstler je geschaffen hat und als Ensembles noch bestehen. Der beim Weberhaus platzierte Merkurbrunnen verherrlicht Augsburg als blühende Handelsstadt. Der beim Schaezlerpalais errichtete Herkulesbrunnen rühmt Augsburg als Römer-, Handels- und Reichsstadt. Der Heros Herkules und die anmutigen Grazien verkörpern nach dem Vorbild höfischer Repräsentation Tugenden, mit den sich auch die Augsburger Patrizier gerne schmückten.

Hubert Gerhard, Brunnenbach. Bronzefigur vom Augustusbrunnen. Augsburg 1588–1594
Kunstsammlungen und Museen Augsburg, Maximilianmuseum, Foto: © Achim Bunz

Elias Holl

Augsburgs Stadtbild ist das Werk Elias Holls (1573-1646). Nach einer Maurerlehre beim Vater und ersten Arbeiten für private Auftraggeber wird er am 8. Juli 1602 Stadtwerkmeister. Holl ist nun als oberster Baumeister Hoch- und Tiefbauer sowie als Stadtgeometer für Augsburgs bauliche Infrastruktur zuständig. Er baut Wasser- und Wehrbauten, Mühlen, Brücken und Speicherhäuser, plant Kanalisation und Wasserversorgung. Ebenso obliegen ihm die repräsentativen Bauaufgaben. Sein Hauptwerk ist das Augsburger Rathaus mit den markanten Türmen (1615-1620).

Auf dem Gebiet von Wasserbau und -wirtschaft ist Holl ein versierter Architekt und Ingenieur. So baut er z.B. die 1609 vollendete Stadtmetzg direkt über den offen liegenden Vorderen Lech. Der Kanal dient zur Kühlung des Fleischs, das dort verkauft und gelagert wird, wie auch zur Entsorgung der Abfälle. Damals entstehen auch zur Versorgung der Jakobervorstadt mit Röhrwasser der Obere und Untere Jakober-Wasserturm am nassen Stadtgraben. Beim Bau von Mühlen, wie z.B. der Spitalmühle (1625), erweist sich Holl als erfahrener Praktiker. Weil er sich als Protestant weigert, zum katholischen Glauben überzutreten, wird er infolge des Restitutionsedikts Kaiser Ferdinands II. am 14. Januar 1631 mit allen evangelischen Bediensteten der Reichsstadt entlassen. Während der schwedischen Besatzung Augsburgs ist er wieder von 1632 bis 1635 als Stadtwerkmeister tätig. Dann verliert er endgültig sein Amt. Elias Holl stirbt am 6. Januar 1646.

Abbildung 1
Adrian de Vries: Brunnenjüngling vom Kastenturm beim Roten Tor. Bronzefigur Augsburg 1596–1602
Kunstsammlungen und Museen Augsburg, Maximilianmuseum, Inv. Nr. 1162, Foto: © Edmund Melzl (†)

Abbildung 2
Melchior I. Gelb: Tischbrunnen mit Neptun und der Meerfahrt des Bacchus. Augsburg um 1652/53
MHK, Museumslandschaft Hessen Kassel (Sammlung Angewandte Kunst), Inv. Nr. KP 1996/170 (B II.8)

Abbildung 3
Johann Heinrich Schönfeld: Die Sintflut. Rom um 1634/35
Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, © Kunsthistorisches Museum Wien

Der Lech von Lechhausen bis zur Kauferinger Wildbahn
Tuschfederzeichnung auf Papier auf Leinwand, Augsburg um 1700
Stadtarchiv Augsburg, Sign. KPS-H 79, Foto: © Stadtarchiv Augsburg

„Alles kommt vom Wasser“, Thales von Milet, Sinnspruch vom Nordportal des Goldenen Saal

Modellkammer

Wohl auf Holls Initiative geht die Modellkammer im Rathaus zurück. Diese bedeutende Sammlung ergänzt der Rat um Meisterstücke Augsburger Kistler und Zimmerleute. Sie enthät schließlich auch eine Vielzahl mechanischer und hydrotechnischer Modelle, die aus den von der Stadt zu Lehr- und Studienzwecken angelegten Sammlungen in den Brunnentürmen am Roten Tor und im Gymnasium bei St. Anna stammen. Die Modellkammer wird um 1930 an das Maximilianmuseum abgegeben. Ihr stadt- und kulturgeschichtlich bedeutender Bestand ist heute in seiner Vielfalt und Qualität weltweit ohne Parallele. 

Johann Georg Demp/H. G. Lobeck:
Modell eines Pumpwerks, Augsburg 1773
Kunstsammlungen und Museen Augsburg, Foto: © Lenz Mayer

Was ist Wasser?

Wasser ist das beherrschende Element auf unserem Planeten. Es ist Quell allen Lebens, Lebensraum, Nahrungsmittel, Transportweg oder unüberwindbare Grenze. Die Ausstellung WASSER KUNST AUGSBURG fragt auch nach seinen spezifischen Eigenschaften: Was ist Wasser? Ein Sinnbild dafür ist Adriaen de Vries‘ ebenso geniale wie geheimnisvolle Bronzefigur des Brunnenjünglings. Er schuf ihn für das Wasserreservoir im Kastenturm beim Roten Tor, der die Prachtbrunnen mit Wasser versorgte. Ganz in seine Bestimmung versunken, Wasser zu spenden, regt der Brunnenjüngling dazu an, über Wesen und Wert des Wassers zu reflektieren. Antworten geben Kunstwerke, die überwiegend in Augsburg gefertigt wurden, vor allem Erzeugnisse der berühmten Goldschmiedekunst.

Augsburg bewirbt sich 2018 um den Titel des UNESCOWelterbes mit dem Thema Wasserbau und Wasserkraft, Trinkwasser und Brunnenkunst in Augsburg.

Begünstigt durch ihre Lage zwischen Lech und Wertach ist die Stadt reich an Wasser. Früh nutzte man die Wasserkraft über komplexe Kanalsysteme zum Antrieb verschiedenster Mühlen und für aufwendige Brunnenwerke. Die aus nahe gelegenen Quellgebieten gespeiste, im Laufe der Jahrhunderte perfektionierte Trinkwasserversorgung zählte zu den großen technischen Meisterleistungen der alten Reichsstadt, für die ganz Europa sie bewunderte. Ihre beispiellose Vielfalt und Produktivität.

Abb.: Neptun vom Deckenfresko im Maximilianmuseum, Melchior Steidl, um 1700 (Ausschnitt)

MAXIMILIAN MUSEUM
Fuggerplatz 1
D-86150 Augsburg

Impressum:
Stadt Augsburg
Kunstsammlungen und Museen Augsburg
Direktor: Dr. Christof Trepesch
Öffentlichkeitsarbeit: Dr. Tilo Grabach

Leiter des Maximilianmuseums, Ausstellungskonzept: Dr. Christoph Emmendörffer
Wissenschaftliche Mitarbeit, Projektkoordination: Dr. Christina von Berlin
Medieninstallationen: team6, Gerhard Gronemann
Ausstellungslayout & Entwicklung der Marke „Wasser Kunst Augsburg“:
cynar visuelle communikation, Bettina Müller-Arends

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Waldmann & Weinold, Kommunikationsdesign
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