Pax & Pecunia
Zahlreiche Augsburger Bürgerhäuser beeindrucken noch heute mit barocker Deckenmalerei. Die festlichen Fresken im Schaezlerpalais und im Maximilianmuseum sind bestens bekannt, manches Juwel hat sich im Verborgenen erhalten, doch vieles wurde auch zerstört. Als die Stadt Augsburg dem Kunstmaler Karl Nicolai ab 1936 Aufträge zum Kopieren barocker Deckengemälde erteilte, geschah dies bereits in der Absicht, den von Verfall und Zerstörung bedrohten Bestand der Nachwelt zu überliefern.
Das Projekt »Pax & Pecunia« entstand als Kooperation des Lehrstuhls für Kunstgeschichte der Universität Augsburg mit den Kunstsammlungen und Museen Augsburg. Mit rund 30 von Nicolais Gouachen ruft es den Bestand in Erinnerung und vermittelt einen Eindruck der einstigen Pracht.
Die Ausstellung führt anhand von Nicolais Arbeiten – zusammen mit historischen Fotos, Grundrissen und weiteren Dokumenten – in die Geschäfts- und Wohnräume von Stadthäusern sowie in die Treppenhäuser, Festsäle und Gartenpavillons der Freien Reichsstadt.
Reich in der Reichsstadt
Das spätbarocke Augsburg verdankt seinen architektonischen Glanz einem Geldadel aus reichen Kaufleuten, Bankiers und Fabrikanten. Zahlreiche neu geadelte gesellschaftliche Aufsteiger pflegten nun einen an der Aristokratie orientierten Lebensstil. Durch aufwendige Um- und Neubauten sowie Erweiterungen passten die neuen Bewohner ihre Häuser ihren Ansprüchen an. Ihre Wohnsitze dienten ihnen so als Repräsentation ihres wirtschaftlichen Erfolgs und sozialen Aufstiegs.
Dies spiegelte sich aber nicht nur in der Architektur der Gebäude wider, sondern auch in den Fresken der Innenräume. Ihre Ausmalung bot ein Betätigungsfeld für die in Augsburg ansässige Reichsstädtische Kunstakademie, die bevorzugt mit deren Ausmalung beauftragt wurde. Häufig verweisen die Fresken mit Allegorien auf die Herkunft des Reichtums der Erbauer. Die Fresken sind Bild gewordene Zeugnisse des Wunsches nach Repräsentation und Selbstdarstellung.
Merkur und Minerva im Dienste des Augsburger Geldadels
Im Augsburg des 18. Jahrhunderts entwickelte sich eine ortspezifische Ikonografie für die Aufträge reicher Kaufleute. Ihre Bildprogramme kreisen um die beiden Schwerpunkte „Pax“ (lat. Friede) und „Pecunia“ (lat. Reichtum).
Merkur steht als Gott des Handels, aber auch als Friedensbote, häufig im Zentrum der Darstellung. Er verbildlicht die Bedeutung des Friedens, der die grundlegende Voraussetzung für einen florierenden Handel ist. Oft steht ihm Minerva, die Göttin der Wissenschaft und Künste zur Seite. Sie verweist darauf, dass sich diese nur unter den günstigen Bedingungen, die sich durch wirtschaftlichen Wohlstand ergeben, entfalten können.
Um sie herum tummeln sich meist Sinnbilder von Kaufmannstugenden, wie Wachsamkeit und Fleiß oder Personifikationen der bildenden Künste. Zudem stößt man an den Randzonen der Fresken häufig auf Darstellungen, die auf den Wohlstand und die internationale Vernetzung der Auftraggeber anspielen. Etwa dicke Geschäftsbücher, Briefe und Tintenfässer oder Erdteildarstellungen.
Im »Gerechten Handel« begegnen sich Merkur und Minerva. Von sechs assistierenden Putten umgeben sitzt Minerva mit Helm und Rüstung auf Wolken, während Merkur von oben herab schwebt. Als Götterbote übernimmt er von Minerva die Botschaft »Jedem Seiniges«. Dieses Motto definiert das Verständnis von Gerechtigkeit, das auch für den Handel gilt. Letzterer wird durch die Fässer und Warenpakete am Boden symbolisiert.
Der Maler
Karl Nicolai
Der Kunstmaler Karl Nicolai (1883-1949) stammte aus Halberstadt. Nach dem Ende seiner Ausbildung, die er in München und Augsburg absolvierte, blieb er ab 1920 bis zu seinem Tod in Augsburg. Der große Erfolg auf dem Kunstmarkt blieb aus – er erlangte wohl allenfalls regionale Bedeutung. Stattdessen betätigte er sich für zahlreiche Aufträge im Dienst der Stadt Augsburg.
Um 1930 befand sich Nicolai in einer wirtschaftlich angespannten Lage. Er war auf kommunale Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen angewiesen, mit denen die Stadt gezielt einheimische Künstler förderte. In diesem Kontext sind wohl auch die Gouachen der Deckenfresken entstanden, die Nicolai 1936 im Auftrag der Stadt anfertigte. Aufgrund der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg sind diese Arbeiten heute ein wertvolles Zeugnis des ehemaligen prachtvollen Bestandes.
Veranstaltungen
Turnusführungen
Jeden Samstag, 14 Uhr
Ins Museum und durch die Stadt
Führung durch das Museum und ausgewählten originalen Standorten der Deckengemälde in der Stadt
Ab 3. Juli, jeden Sonntag, 11 Uhr
Vorträge
"Bester massen wohl verdienet" - Merkantile Segenswünsche in der Augsburger Deckenmalerei
Donnerstag, 30. Juni, 18 Uhr, mit Dr. Angelika Dreyer
Johann J. A. Hubers "Sturz des Phaeton" - Die Erzählweise eines Deckenfreskos im Spätbarock
Donnerstag, 28. Juli, 18 Uhr, mit Andreas Huber M.A.
Kaufmannstugend und Himmelsleiter - Die Fresken und Hausgeschichte der Maximilianstraße 51
Donnerstag, 11. August, 18 Uhr, mit Jule-Marie Trescher
In einem Haus, das es nicht mehr gibt. Digitale Rekonstruktion der Festräume des Schnurbeinhauses
Do, 8. September, 18 Uhr, mit Johanna Wurm M.A.
Lost Places - verlorene Baudenkmäler und ihre Deckengemälde
Sonntag, 11. September, 16 Uhr, mit Dennis Gossner M.A. (Tag des offenen Denkmals)
Lange Nacht der Wissenschaft
Samstag, 16. Juli, 18:30-23 Uhr
Projektbeteiligte Studierende stehen als Cicerone in der Ausstellung bereit
APPsolut Pax & Pecunia
Im Rahmen der Sonderausstellung "Pax & Pecunia" hat unsere App "Kunstsammlungen & Museen Aux" Zuwachs bekommen: drei neue Rundgänge sind entstanden. Sie können begleitend in den Ausstellungsräumen verwendet werden oder ganz bequem von Zuhause aus.
- Bei der Kindertour durch die Ausstellung "Friedrich fällt aus allen Wolken" stürzt der kleine Putto Friedrich beim Spielen vom Himmel und sucht verzweifelt sein Deckengemälde, um wieder nach Hause zu kommen. Auf dem Weg dahin begleiten ihn die Kinder mit Rätseln, Fragen und Suchbildern. (Für Kinder von 8-10 Jahren)
- Ein weiterer Rundgang führt in einfacher Sprache durch die Ausstellung. Er ist vor allem für Menschen mit Lernschwierigkeiten gedacht und Menschen, die kunsthistorisch wissenschaftliche Texte nicht oder nicht gut lesen und verstehen können. Daher ist diese Tour auch sehr gut für Deutsch lernende Menschen geeignet.
- Die englische Tour-Version ist eine Übersetzung des deutschen Rundganges in einfacher Sprache und richtet sich an unser internationales Publikum.
In Kooperation mit
Mit freundlicher Unterstützung
SCHAEZLERPALAIS
Maximilianstraße 46
D–86150 Augsburg
T +49 821 324 41 02
Impressum:
Stadt Augsburg
Kunstsammlungen & Museen Augsburg
Direktor: Dr. Christof Trepesch
Strategische Kommunikation: Monika Harrer-Jalsovec M.A.
Kuratorin der Ausstellung: Julia Quandt M.A.
Website: Waldmann & Weinold, Kommunikationsdesign
Bildnachweis: © Kunstsammlungen & Museen Augsburg und wie angegeben