Zwei Doppelhäuser mit Atelier © Friedrich Brenner

Tiny Houses by Brenner

01.10.–13.11.2022 im Maximilianmuseum

Bereits in den 1970er Jahren realisierte der bekannte Medailleur, Bildhauer und Architekt Friedrich Brenner seine Vorstellungen von raumsparendem Bauen mit natürlichen Baustoffen zu günstigen Preisen. In den letzten Jahren beschäftigte er sich erneut mit dem Entwerfen von Klein- bzw. Kleinstwohnhäusern, sog. tiny houses. Dabei gelangte Brenner, oft inspiriert von geometrischen Körpern wie Würfel, Zylinder und Kugel, zu höchst unterschiedlichen Lösungen für Doppel- und Einzelhäuser. tiny houses ermöglichen neue Wohn- und Lebensformen und erfordern zugleich ein Umdenken und Hinterfragen unserer Lebensgewohnheiten.

Gedanken von Friedrich Brenner zu den Tiny Houses
„Häuseln, sagten wir dazu, als wir als Kinder uns aus alten Brettern und rostigen Nägeln einen Unterschlupf – eine Hütte – bauten. Häuseln sagt man heute nicht mehr, wenn sich junge Leute, mit wenig Geld, eine Wohnstätte, einen Raum auf das Notwendigste reduziert, bauen oder bauen lassen. Ein Tiny house! Diesen Begriff gab es noch nicht, als ich – Mitte der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts – mein Haus baute.

Meine Vorstellungen waren: ein Haus aus natürlichen Baustoffen (das Wort biologisches Bauen war mir noch unbekannt), eine Holzbalkendecke statt Beton; Fichtenriemen statt Teppichauslegware als Bodenbelag; ein dreilagiger Kalkputz; der Anstrich – außen wie innen – mit Silikatfarbe; alle Holzteile naturbelassen; kleine Fenster mit Fensterläden; zur Zentralheizung einen Kachelofen. Mit wenig Geld wurde das Haus gebaut.

Entwerfen von Kleinstwohnhäusern
In den letzten Jahren reizte es mich, kleine oder Kleinstwohnungen zu entwerfen. Ein Grundstück 1000 m2 groß, mitten im Dorf (kein Bebauungsplan), eine ruhige Lage, war der Ausgangspunkt für meine Planungen. Fünf kleine Häuser verteilte ich auf dem Grundstück, dann ein Wohnblock mit 8 Wohnungen. Bei 8 Wohnungen muss schon ein Aufzug miteingebaut werden. Aber das größte Problem waren die Stellplätze. Zwei Stellplätze pro Wohneinheit! Welcher Unsinn! Dann ordnete ich die fünf Häuschen in eine Schlange von Ost nach West auf dem Grundstück an. Doch an beiden Enden der Schlange bekam ich Schwierigkeiten mit den Abstandsflächen. Dann entstand der Entwurf mit zwei Doppelhäusern und, mittig nach Süden gerückt, ein Einzelhaus (Atelierhaus). Die Abstandsflächen halbierten sich und mit dem Mindestabstand von 3 m kam ich zurecht. Bei dieser Bauweise konnte ich die Wohnfläche von 33 m2 auf 50 m2 vergrößern. Ich holte Angebote ein. Von sechs Firmen erhielt ich nur 2 Angebote und eine Schätzung – und das nach vier Monaten. Mehr als doppelt so hoch, als ich erwartet hatte, waren die Angebotspreise. So teuer konnte ich nicht bauen!

Geometrische Formen für raumsparendes Bauen
Ein Gebäude mit 75 m3 Brutto-Rauminhalt ist auch in Bayern genehmigungsfrei! Es war eine Tüftelarbeit, ein Haus zum Wohnen auf so wenig Raum zu entwerfen. Worüber ich mir schon vor 50 Jahren Gedanken machte war: Eine Kugel ist der kompakteste Körper, dann ein Zylinder, dann ein Würfel. So entstand ein kleines Haus mit quadratischem Grundriss 5/5 m, 2 Wandflächen verglast, 2 Seiten Veranda, ein weit vorspringendes Dach. Der Innenraum durchsichtig, transparent. Kleiderschrank und Kühlschrank auf der Veranda. Welche Heizung? Ein kleiner Eisenofen oder Infrarot-Strahler.

Probleme bei tiny houses
Wird solch ein Haus Anklang finden? Junge Leute wollen ihren Wohnbereich verkleinern. Auch viele ältere Menschen wollen kleiner wohnen. Aber wohin mit den vielen sperrigen Möbeln? Sie hängen an ihren alten Spanplattenmöbeln, an der großen Couch, an den großen Sesseln. So entstehen beim Bauen von Kleinwohnungen gleich mehrere Probleme: Den jungen Leuten fehlt das Geld; sie haben meistens kein Grundstück. Die alten Leute haben Geld, aber wollen sich nicht von ihren Möbeln trennen. Die Bauordnungen machen keinen Unterschied zwischen einem Wohnhaus mit 300 m2 und einem Kleinstwohnhaus mit 30 m2 Wohnfläche, das ganzjährig bewohnt wird. Nur mit dem Wohnpavillon von 75 m3 Bruttorauminhalt bekomme ich mehr Freiheit beim Bauen. Auch wenn ich 75 m3 Bruttorauminhalt nicht überschreite, müssen die Vorgaben für Statik, Stellplätze, Abstandsflöchen, Energiesparverordnung (EnEV) eingehalten werden.

Umdenken der Lebensform
Man müsste vom gewohnten Denken wegkommen und ganz neue Wohn- und Lebensformen entwickeln: Muss der Kühlschrank im beheizten Raum stehen? Muss in solch kleinem Haus 20 Minuten geduscht werden? Muss die Kleidung (wo jedes Stück chemisch behandelt ist) im Wohn- oder Schlafraum untergebracht werden? Muss in einem solch kleinen Haus zeitaufwändig gekocht werden (Leuftfeuchtigkeit)? Auch die Waschmaschine und die Toilette müssen nicht im beheizten Raum sein. Die nun hohen Energiekosten machen vielleicht solch neue Wohnformen möglich."

Friedrich Brenner, Juni 2022