Ferit Kuyas – Money and DiariesEine Fotoinstallation
29.07.-26.09.2021 in der Neuen Galerie im Höhmannhaus
Die Ausstellung Money and Diaries von Ferit Kuyas ist eine fotografische Reise durch seine eigene Biografie. In seinen Fotografien und Objekten reflektiert er Geschichten, die eindrucksvoll die eigene Identität zwischen fester Größe und permanenter Veränderung beleuchtet. Dabei ist das Sammeln für Kuyas zentraler Erkenntnisquell – als Sammeln von Erfahrungen, Erlebnissen, Begegnungen genauso, wie in demjenigen der Objekte, die daran erinnern. Nachdenkliche Werktitel wie "Fifty Objects and Some Other Things I Haven’t Touched in Five Years" oder "Everything You Didn’t Want to Know about Me", zeigen, wie selbstergründend der Fotograf und Künstler vorgeht. Das Erforschen als Fortgang steht in seiner Arbeit stets über jeder Idee von abgeschlossener Erfahrung.
Kuyas‘ künstlerisches Vorgehen könnte man als eine Art von poetischem Analysieren bezeichnen, und dies spiegelt sich überall in seinem Werk: In den stilleben- und ausschnitthaften Fotografien der 1990er Jahre, von denen herausragende Beispiele in verschiedenen Werkgruppen in der Ausstellung zu sehen sind, in den unzähligen Objekten und persönlichen Gegenständen, die er bis heute mit der Kamera festgehalten hat, und nicht zuletzt natürlich in seinen Buchprojekten, denen als eigenes fotografisches Medium hohe Bedeutung zukommt. In all dem sind für ihn Erinnerungen aufgehoben, deren dynamischer Natur er sich jederzeit bewusst ist. Er selbst beschreibt dies so:
Das Gehirn funktioniert nicht wie ein Computer, in dem Erinnerungen als Binärcode aufgezeichnet werden und jederzeit nach Belieben abgerufen werden können. Selbst dann können Daten im Laufe der Zeit beschädigt werden und möglicherweise nicht mehr lesbar sein. Unser Gedächtnis scheint die Ränder und Ecken unserer Vergangenheit zu glätten. Übrig bleibt eine Erinnerung, die wahrscheinlich nicht kongruent mit dem ist, was vor langer Zeit wirklich passiert ist. Wir neigen zu Vereinfachung und Idealisierung. Welche Art von Erinnerungen wird das gleiche Bild in einer Woche hervorrufen? In einem Monat? In einem Jahr? In zehn Jahren? Und schließlich wird die Erinnerung verschwinden, sobald ihr Träger fort ist.
Dinge, die ich nicht brauche, aufzuräumen und loszuwerden gehören nicht zu meinen Stärken. Im Laufe der Jahre hat sich eine große Anzahl von Objekten angesammelt. Manche von ihnen nutzlos, aber zu schön, manche von der Zeit überholt, aber zu wertvoll, um weggeworfen zu werden. Wenn ich sie anschaue, scheint sich ein Fenster in meiner Seele zu öffnen. Das ist oft eine interessante Erfahrung, manchmal ironisch, schmerzhaft oder überraschend. Alte Erinnerungen kommen auf und werden neu bewertet. Die meisten Objekte werden nach dem Fotografieren zerstört oder abgegeben. Sie loszuwerden ist ein Reinigungsprozess, da ich immer weniger Dinge um mich herumhaben will – nur das, was wirklich notwendig ist.
Innerhalb der Ausstellung ist ‚A Quintology of Diaries‘, sein sechstes Buchpropjekt zentral:
Der Inhalt dieser fünf Bücher ist eine Mischung aus Rückschau, aus Dingen, von denen ich mich befreien möchte, und von Identität und Übergang. Wahrscheinlich ist es der Versuch zu ergründen, wer ich bin.
Ferit Kuyas (*1955 Istanbul) ist Künstler, Fotograf, Kurator und Lehrer. Seine Arbeiten wurden in Museen, Galerien und auf Festivals weltweit ausgestellt und sind in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten, darunter dem Museum of Fine Arts, Houston, dem Musée de la Photographie, Charleroi, Belgien und dem Portland Museum der Künste, Portland. Für sein Werk erhielt er renommierte Auszeichnungen, darunter den Kodak Photobook-Award und die Hasselblad Masters. Er lebt heute in der Nähe von Zürich in der Schweiz.