Silberschatz gefunden von der Stadtarchäologie © Kunstsammlungen & Museen Augsburg, Foto: Andreas Brücklmair
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Die Funde von Oberhausen

Ältester römischer Stützpunkt in Bayern

Augsburg blickt auf eine über 2000-jährige Stadtgeschichte zurück. Nach bisheriger Sachlage ließen die Römer bereits in den Jahren zwischen 8 und 5 vor Christus unter Kaiser Augustus ein Militärlager im neu eroberten Alpenvorland im heutigen Stadtteil Oberhausen errichten. Zahlreiche Neufunde, welche die Stadtarchäologie im Juni der Öffentlichkeit präsentierte, scheinen diese Frühdatierung nun zu bestätigen und charakterisieren Augsburg als ältesten römischen Stützpunkt in Bayern.

Die neuen Funde wurden bei der archäologischen Untersuchung eines künftigen Wohngebiets im Augsburger Stadtteil Oberhausen entdeckt. Sie lagen in einem römerzeitlichen Flussbett der Wertach, die um 1900 begradigt worden war. Mehrere 1.000 Kubikmeter Kies wurden durchsucht und förderten Waffen, Werkzeuge, Geräte, Schmuck, über 800 Münzen, Geschirr, Transportgefäße und vieles mehr zu Tage. Die geborgenen Fragmente und Artefakte mit einem Gesamtgewicht von über 400 Kilogramm stammen alle aus dem Militärstützpunkt, der im 1. Jahrzehnt vor Christi Geburt eingerichtet wurde. Die Funde sind teilweise stark korrodiert und bis zur Unkenntlichkeit verkrustet. Die Konservierung, Freilegung und wissenschaftliche Bearbeitung steht noch bevor. Dennoch konnten schon jetzt ausgewählte Funde vorgestellt und erste Überlegungen angestellt werden. Erstaunlich ist neben der Fundmenge vor allem die hohe Qualität zahlreicher Produkte (z. B. des Geschirrs aus Bronze, Keramik und Glas), die in Mittel- und Oberitalien sowie in Südfrankreich produziert wurden. Hervorzuheben ist etwa eine vollständig erhaltene Öllampe aus Bronze, deren Griff als Mondsichel gestaltet ist, die wiederum von einer Büste des Sonnengottes bekrönt wird.

Eine vollständig erhaltene Silberfibel mit aufgesetzten plastischen Insekten etwa, zeigt neben anderen Objekten, dass auch Frauen im Lager gelebt haben. Mit der Halbierung von mehreren Kupfer- und Bronzemünzen, die in Lyon (Lugdunum) und Nimes (Nemausus) geprägt wurden, könnte ein Mangel an Kleingeld behoben worden sein. Alle Waren, wie auch viele importierte Lebensmittel (etwa Wein, Öl und Austern), mussten einen weiten Weg bis zum heutigen Augsburg zurücklegen, entweder über die Alpen oder flussaufwärts über Rhone und Saone. Von den notwendigen Transportmitteln zeugen noch ein vollständig erhaltener Eisenreifen eines Wagenrades und zahlreiche Amulette und Glöckchen vom Geschirr der Zug- und Reittiere. Ob die Versorgung der Menschen mit Rind- und Schweinefleisch ebenfalls über den Import des Fleisches beziehungsweise des lebendigen Schlachtviehs aus dem Süden erfolgte, oder ob der Bedarf lokal gedeckt wurde, dürfte die wissenschaftliche Analyse der zahlreich geborgenen Tierknochen beantworten.

Die neuentdeckten Objekte – chronologisch aussagekräftig sind vor allem Münzen und Importkeramik – scheinen die Frühdatierung des Stützpunkts im heutigen Oberhausen auf die Jahre zwischen 8 und 5 vor Christus zu bestätigen. Neben der militärischen Sicherung bestand die Aufgabe der Truppe im Aufbau der Infrastruktur. Gegen Ende der Regierungszeit des Kaisers Augustus (ca. 10 n. Chr.) wurde der Platz durch ein Militärlager für ca. 3000 Soldaten in der Augsburger Altstadt beim Stephansgarten ersetzt. Aus der schnell wachsenden Zivilsiedlung außerhalb des Lagers entwickelte sich die Siedlung Augusta Vindelicum, im Mittelalter Augustburch und schließlich die Stadt Augsburg, die immer noch den Namen des Kaisers trug, unter dem in Oberhausen der erste Stützpunkt eingerichtet wurde.


Der größte römische Silberschatz

Nach den diesjährigen Ausgrabungsfunden in Oberhausen, die bestätigen, dass Augsburg der wohl älteste römische Stützpunkt im heutigen Bayern war, verzeichnet die Stadtarchäologie einen weiteren beeindruckenden Fund: Es handelt sich um den größten römischen Silberschatz, der je auf bayerischem Gebiet gefunden wurde. Er umfasst knapp 5.600 Silbermünzen, sogenannte Denare, aus dem 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. und wiegt etwa 15 Kilogramm.

Die Silbermünzen wurden unweit der Fundstelle des frühesten römischen Stützpunkts in Bayern, ebenfalls im Kies eines alten Wertach-Flussbetts entdeckt. Dort war das Areal eines künftigen Wohngebietes archäologisch untersucht worden. Ein Behältnis konnte nicht mehr festgestellt werden. „Wir gehen davon aus, dass der Schatz im frühen 3. Jahrhundert außerhalb der Stadt Augusta Vindelicum nahe der dort verlaufenden Via Claudia vergraben und nicht wieder geborgen wurde. Das Versteck wurde wohl viele Jahrhunderte später durch ein Wertach-Hochwasser weggespült und die Münzen damit im Flusskies verstreut“, erläutert Sebastian Gairhos, Leiter der Stadtarchäologie Augsburg. „Ein einfacher Soldat verdiente im frühen 3. Jh. zwischen 375 und 500 Denare. Der Schatz hat demnach den Gegenwert von etwa 11 bis 15 Jahresgehältern.“

Die ältesten Münzen wurden unter Kaiser Nero (54-68 n. Chr.) geprägt, die jüngsten unter Septimius Severus kurz nach 200 n. Chr. Besonders häufig sind Prägungen der Kaiser Trajan, Hadrian, Antoninus Pius und Mark Aurel vertreten. Seltene Stücke stammen etwa von Didius Iulianus, der im Jahr 193 bereits nach nur 2 Monaten Regierungszeit ermordet worden war.

Die wissenschaftliche Auswertung des Schatzes erfolgt im Rahmen einer Dissertation an der Universität Tübingen bei Professor Stefan Krmnicek. Dabei werden auch Aussagen zum Münzumlauf im frühen 3. Jh. sowie zu den möglichen ehemaligen Besitzenden und den Umständen der Verbergung erwartet.